
Rückzahlung von Weihnachtsgeld bei befristetem Vertrag
Eben rief mich eine Arbeitnehmerin an, die bei einer großen Hilfsorganisation beschäftigt ist. Der Arbeitsvertrag ist bis Ende Januar 2015 befristet und wird nicht verlängert.
Es ist gar nicht so einfach für den Arbeitgeber, eine wirksame Befristung zu vereinbaren. Viele befristet geschlossene Verträge sind in Wahrheit unbefristet, was die betroffenen Arbeitnehmer aber nicht wissen. Wann dies der Fall ist und welche Fehler Arbeitgeber machen können (die dazu führen, dass das Arbeitsverhältnis in Wahrheit unbefristet ist) erkläre ich in einem anderen Blogeintrag.
Deshalb hat die Arbeitnehmerin aber gar nicht angerufen. Sie wollte wissen, ob das im letzten Jahr gezahlte Weihnachtsgeld zurückgezahlt werden muss. Der Arbeitgeber behauptet, dass im hier anwendbaren Tarifvertrag stünde, dass gezahltes Weihnachtsgeld zurückgezahlt werden muss, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem 31.03. des Folgejahres endet. Deshalb werde er das Weihnachtsgeld vom demnächst auszuzahlenden Januargehalt abziehen.
Meine Recherche hat ergeben, dass es in § 23 des Tarifvertrags heißt:
Mitarbeiter, die bis einschließlich 31. März des Folgejahres aus eigenem Verschulden oder eigenen Wunsch aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden, sind mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses verpflichtet, die erhaltene Sonderzahlung an den Arbeitgeber zurückzuzahlen.
Die Rechtslage ist Folgende:
Das Arbeitsverhältnis endet durch Fristablauf und somit nicht aus Gründen, die der Arbeitnehmer zu vertreten (zu verschulden) hat. Er scheidet auch nicht "auf eigenen Wunsch aus", sondern schlicht und ergreifend wegen Ablaufs der bei Vertragsschluss vereinbarten Frist, wobei typischerweise der Arbeitgeber eine Befristung wünscht und nicht etwa der Arbeitnehmer. Dieser hat typischerweise ein Interesse an einer unbefristeten Stelle.
Fazit: Die Anruferin muss das erhaltene Weihnachtsgeld nicht zurückzahlen. Sollte es ihr - rechtswidriger Weise - vom Januargehalt abgezogen werden, muss sie berücksichtigen, dass für die Geltendmachung ihres Anspruchs tarifvertragliche Ausschlussklauseln greifen (hier: 6 Monate nach Fälligkeit).
Die Anruferin wollte sich die Dinge nochmal überlegen. Ich bin gespannt, ob ich nochmal etwas von ihr höre. Wahrscheinlich will sie zunächst versuchen, ohne anwaltliche Hilfe zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen. Ich habe ihr gesagt, dass ich gerne weiterhelfe, falls sie alleine keinen Erfolg hat. Da sie im Recht ist, sollte sie den Anspruch meiner Meinung nach nicht "verschenken", zumal das Arbeitsverhältnis ohnehin beendet wird.
Gordon Neumann, Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht bei WNS Will+ Partner Fachanwälte / Rechtsanwälte mbB
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